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Schon 12 trillion Dollar im Nahen Osten verloren
BY: - By Von Richard Diethelm
BernerZeitung BZ , January 24, 2009

Die Konflikte im Nahen Osten verursachten seit 1991 Kosten von rund 12 Billionen Dollar. Den jüngsten Gaza-Krieg berücksichtigt eine in Genf vorgestellte Studie noch nicht.

Die Studie Cost of Conflict in the Middle East soll politischen Führern in der Region zu Denken geben und der breiten Öffentlichkeit die Augen öffnen. So sehen es die Schweiz, Norwegen, die Türkei und Qatar, die diesen Forschungsauftrag an die asiatische Denkfabrik Strategic Foresight Group (SFG) erteilten. Entscheidungsträger im Nahen Osten sollten wissen, wie viel sie wegen dieser Konflikte schon verloren haben und wie viel mehr sie in Zukunft verlieren könnten, sagte Thomas Greminger, der Leiter der Abteilung Menschliche Sicherheit im Schweizer Aussendepartement, gestern in Genf. «Oder positiv ausgedrückt: Wie viel jedermann in der Region gewinnen könnte, falls es zu einem Frieden kommt.

Die in Mumbai beheimatete SFG hatte solche Studien bereits über den pakistanischen Kashmir-Konflikt und den Bürgerkrieg in Sri Lanka verfasst. Im Fall des Nahen Ostens nahm sie die Madrider Nahostkonferenz von 1991 als Ausgangspunkt, weil damals grosse Hoffnungen auf einen dauerhaften Frieden bestanden. Da der israelisch-palästinensische Konflikt der Infektionsherd für andere Kriege und Konflikte in der Region ist, bezogen die Forscher die Nachbarstaaten Israels sowie den Iran, den Irak und die Golfstaaten ein. Der indische Ökonom und Präsident der SFG, Sundeep Waslekar, räumte allerdings ein, dass einige Folgen der Konflikte wie der Tod von Kindern und Frauen nicht in Geld bewertet werden könnten.

Ohne Krieg im Irak vierfaches Einkommen

Die SFG hatte über 50 Experten aus dem Nahen Osten beigezogen, um die wirtschaftlichen, militärischen, sozialen und politischen Kosten sowie die Schäden an der Umwelt zu messen. Die US-Invasion im Irak und die Kriege im Libanon eingerechnet, beziffern die Forscher die so genannten Opportunitätskosten aller Konflikte im Nahen Osten von 1991 bis 2010 auf astronomische 12 Billionen Dollar. Wäre dagegen nach «Madrid» der Frieden eingekehrt, so würden Durchschnittshaushalte in der Krisenregion ausser dem Irak heute über doppelt so viel Geld verfügen. Im Irak wäre ihr Einkommen sogar viermal höher. Wie schwer die Lasten der Kriegskosten sind, veranschaulicht die Studie am Beispiel Jordanien: 40 Prozent seiner Bevölkerung sind Flüchtlinge.

Je ein Kapitel widmet die Studie den Folgekosten des Kernkonflikts für Israel und die Palästinenser in den besetzten Gebieten. Die jüngste dreiwöchige Offensive Israels im Gazastreifen konnten die Forscher nicht berücksichtigen. Der frühere Bauminister der palästinensischen Autonomiebehörde, Mohammed Shtayyeh, sprach in Genf jedoch von 1350 Todesopfern und Schäden an Gebäuden und der Infrastruktur in der Höhe von 1,9 Milliarden Dollar. Wegen der katastrophalen Wirtschaftslage und des Krieges werde die Bevölkerung bis 2009 zusätzlich mindestens 2 Milliarden Dollar verlieren, sagte Waslekar dem TA.

Der SFG-Präsident bezifferte auch, wie viel die Menschen in der Region im Fall eines dauerhaften Friedens zwischen Israel und den Palästinensern gewinnen würden. «Selbst wenn man Entschädigungszahlungen an die palästinensischen Flüchtlinge und die israelischen Siedler abzieht, hätte eine israelische Durchschnittsfamilie pro Jahr 4429 Dollar mehr zu Verfügung». In Jordanien wären es 1250 Dollar, in Ägypten 500 Dollar.

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